C. Überblick über das ganze Land.
1. Geschichtsabriß.
§215. Vom 6. Jahrhundert an drangen von 0 her die slawischen Sorben in das Gebiet
unseres jetzigen Königreichs Sachsen ein, nachdem es von dem ursprünglich hier sitzenden
germanischen Volksstamm der Hermunduren verlassen worden war. Die Wieder-
eroberung des Landes durch die Deutschen setzte im 10. Jahrhundert ein und
begann mit der Anlage der Burg Meißen (928) durch Heinrich I., der 930 die Gründung
der Grenzfeste oder Mark Meißen und des Bistums Meißen durch den Kaiser Otto I.
folgte. 1089 belehnte der deutsche König Heinrich Iv. den Wettiner^ Heinrich I.
von Eilenburg mit der Mark Meißen, welche die beiden sorbischen Gaue Dalaminzi^
und Nisani^ umfaßte. Seitdem ist dieses Land, das den Grundstock des heutigen König-
reichs Sachsen bildet, beständig im Besitze der Wettiner geblieben.
§ 210. 1123 erhielt Konrad von Wettin die erbliche Markgrafenwürde. Im
13. Jahrhundert kamen das Pleißner Land und die Landgrafschaft Thüringen zur Mari-
grafschaft Meißen, und 1270 ward Dresden zur Residenz. Nach Erwerbung des Herzog-
tums Sachsen-Wittenberg erhielt 1423 Friedrich der Streitbare vom Kaiser die
Kur würde. Mark und Herzogtum zusammen führten nun den Namen Kurfürsten-
tum Sachsen.
§ 217. 1485 fand in Leipzig die Teilung der wettinischen Lande unter die beiden Söhne
Ernst und Albrecht des Kurfürsten Friedrich des Sanftmütigen statt. Kurfürst Ernst
erhielt Thüringen und die Westhälfte des Osterlandes^, Herzog Albrecht die
Mark Meißen und die Osthälfte des Osterlandes. Die Ernestinische Linie ver-
legte ihre Residenz nach Wittenberg, die Albertintfche^ behielt Dresden bei. Das Jahr
1539 ward für das Land durch die Einführung der Reformation bedeutend. Infolge
des Schmalkaldischen Krieges erfuhr 1547 das Gebiet der Albertinischen Lande eine
umfängliche Erweiterung, vor allem aber ging die Kurwürde von der Ernestinischen
Linie auf die Albertinische über, und Herzog Moritz ward Kurfürst von Sachsen.
§ 218. 1635 fielen die beiden Lausitzen, die ein Erbland der Krone Böhmens waren,
als Leh en an den Kurfürsten Georg, der dadurch zugleich Markgraf der Lausitzen ward.
Diese Länder blieben Lehen bis 1831, wo sie dem Sächsischen Staate einverleibt wurden.
Friedrich August I., „der Starke", erwarb nach seinem Übertritt znm Katholizismus
1697 die polnische Königskrone, die auch sein Nachfolger noch trug. Seit jener Zeit
ist Sachsens Herrscherhaus katholisch. Im Jahre 1806 ward Sachseu durch Napoleon
zum Königreiche erhoben. Im Wiener Frieden 1815 mußte es den größeren, nörd-
lichen Teil seines Landes, ungefähr die jetzige Provinz Sachsen, an Preußen abtreten
und erhielt damals seine heutige Gestalt und Größe. 1831 bekam das Land eine
Verfassung. 1866 trat Sachsen dem Norddeutschen Bunde bei und gehört seit 1871
zum Deutschen Reiche. Heute regiert König Friedrich Augustm., der 1904 den
Thron bestieg. .u.
1 Die Stammburg der Wettiner liegt bei Halle a. S. auf dem Petersberge.
^ D. i. Gau der Fernwohnenden.
3 D. i. Gau der Bewohner des Niederlandes.
4 Das Osterland umfaßt im wesentlichen die Länder zwischen Saale und Mulde.
* Albert = Albrecht.
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Extrahierte Personennamen: C. Geschichtsabriß Heinrich_I. Heinrich_I. Otto_I. Heinrich_Iv Heinrich Heinrich_I. Heinrich_I. Konrad_von_Wettin Konrad Friedrich Ernst Albrecht Friedrich Friedrich Kurfürst_Ernst Ernst Albrecht Albrecht Moritz Georg Friedrich_August_I. Friedrich August_I. Napoleon Friedrich_Augustm Friedrich Albrecht
100
schrecken und willig zu machen, den gefangenen Kurfürsten als einen Rebellen zum Tode verurtheilen. Johann Friedrich spielte eben mit einem Mitgefangenen Schach, als ihm das Urtheil verkündet wurde. Gelassen hörte er es an und erwiderte nur: „Ich hoffe, der Kaiser wird gnädig mit mir verfahren; kann es aber nicht sein, so bitte ich, mir den Tag meines Todes vorher anzuzeigen, damit ich mich mit meiner Gemahlin und meinem Sohne über manches noch besprechen kann." Dann fuhr er ruhig im Spiele fort.
Aber der Kaiser sah doch ein, daß er zu weit gegangen war, und ließ das Todesurtheil nicht vollstrecken. Johann Friedrich mußte indeß dafür sein Land und die Kurwürde abtreten und sich verpflichten, des Kaisers Gefangener zu bleiben, so lange es demselben gefallen werde.
Das erledigte Kurfürstenthum Sachsen verlieh Karl an seinen Verbündeten Moritz. Damit ging im Jahre 1547 die Kurwürde von der ernestinischen auf die albertinische Linie über; die ernestinische Linie behielt blos Thüringen mit dem Herzogstitel.
Nun ergab sich auch Wittenberg. Der Kaiser behandelte es mit der größten Schonung und duldete nicht, daß seinetwegen eine Aenderung im evangelischen Gottesdienste vorgenommen wurde. Als er die Schloßkirche besuchte, zeigte man ihm auch das Grab Luthers. Einige seiner Begleiter riechen ihm, die Gebeine des Erzketzers ausgraben und nachträglich noch verbrennen zu lassen. Aber er antwortete: „Lasset sie ruhen, er hat seinen Richter schon gefunden; ich führe Krieg mit den Lebenden, nicht mit den Todten."
Damals lebte in Wittenberg Lucas Kranach, der berühmteste Maler seiner Zeit. Der hatte in früheren Jahren Kaiser Karl V, als derselbe noch ein Knabe von 8 Jahren gewesen war, gemalt. Jetzt ließ ihn der Kaiser zu sich in sein Lager kommen. Lucas Kranach mußte ihm erzählen, wie er sich damals benommen habe. Darauf sagte Karl: „Bitte dir eine Gnade aus!" Da fiel ihm der Maler zu Füßen und bat ihn mit Thränen in den Augen um die Freiheit seines Kurfürsten. Der Kaiser gerieth in große Verlegenheit; die Bitte des treuen Sachsen rührte ihn tief; aber doch meinte er, sie nicht erfüllen zu können. „Du bist ein braver Mann", sagte er, „aber lieber hätte ich dich, wenn du um etwas anderes gebeten hättest."
5. Auch das andre Haupt des auseinandergesprengten schmalkaldischen Bundes, Landgraf Philipp von Hessen, demüthigte sich vor dem Kaiser. Sein Schwiegersohn, der nunmehrige Kurfürst Moritz, riech ihm dazu; auch versprach er ihm in des Kaisers Namen, daß er weder mit Gefängniß noch mit Landverlust gestraft werden sollte. In Halle erschien Philipp vor Karl. In feierlicher Versammlung kniete er vor dem auf seinem Throne sitzenden Kaiser nieder; hinter ihm kniete sein Kanzler und las die Abbitte vor. Dabei verzog der Landgraf in seiner Verlegenheit einigemal das Gesicht zum Lächeln. Der Kaiser drohte ihm mit dem Finger und sagte: „Wart, ick will dick lachen lehren" und hielt ihn trotz der Abbitte als Gefangenen zurück.
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101
Iv.
Karl und Moritz im Streit.
1. Karl hatte seine Feinde zu Boden geworfen; der schmalkaldische Krieg hatte ihn zum Herrn von Deutschland gemacht. Als solcher erließ er jetzt eine Vorschrift, wie es einstweilen — bis zu einer allgemeinen Kirchenversammlung — in religiösen Dingen gehalten werden sollte. In Augsburg war diese Vorschrift berathen worden; einstweilen (— lateinisch: interim —) sollte sie gelten; darum nannte man sie das Augsburgerjnterim. Nach demselben sollten die Protestanten halb wieder katholisch werden; deswegen waren gar viele mit ihm unzufrieden. Magdeburg vor allem verweigerte die Annahme desselben. Der erzürnte Kaiser erklärte es darum in die Acht, und da er selbst anderweit beschäftigt war, so sollte sein Liebling Moritz dieselbe vollstrecken.
Moritz aber war nicht mehr der alte. Es hatte ihn tief verletzt, daß Karl trotz seines gegebenen Wortes seinen Schwiegervater Philipp von Hessen doch der Freiheit beraubt hatte und noch immer in harter Gefangenschaft hielt. Auch drückte es ihn, daß man ihm vorwarf, er habe seinen Glauben und seinen Vetter Johann Friedrichs an den Kaiser verrathen. Darum faßte er den Entschluß, für die Sache der Protestanten gegen den Kaiser die Waffen zu ergreifen und ihn zugleich zu zwingen, die gefangenen Fürsten frei zu geben.
Nachlässig betrieb er die Belagerung Magdeburgs, sammelte aber dabei ein bedeutendes Heer. Insgeheim verband er sich auch mit dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg und mit dem Könige von Frankreich. Der letztere verfolgte zwar die Protestanten in seinem eignen Lande, in Deutschland aber unterstützte er sie aus Haß gegen den Kaiser. Freilich umsonst wollte er es nicht thun. Moritz mußte darein willigen, daß er die an der französischen Grenze gelegenen deutschen Städte Metz, Toul und Verdun unter seine Herrschaft bringe.
2. Alles dies wurde so geheim gethan und so geheim gehalten, daß Karl V. nicht das mindeste davon merkte. Sorglos hielt er sich, freilich an der Gicht erkrankt, in Innsbruck auf. — Plötzlich fchloß Moritz 1552 mit Magdeburg Frieden und brach gegen den Kaiser auf. Er that dies mit solcher Schnelligkeit, daß er den völlig überraschten Kaiser beinahe gefangen hätte. Kaum behielt derselbe noch Zeit, sich in stürmischer Nacht aus schrecklichem Wege in einer Sänfte über die schneebedeckten Alpen tragen zu lassen. Seinen Gefangenen, Johann Friedrich, hatte er zuvor in Freiheit gesetzt, doch sollte ihm derselbe noch einige Zeit freiwillig folgen. Krank und ohne Heer, mußte sich der Kaiser zu Unterhandlungen verstehen. Er beauftragte damit seinen Bruder Ferdinand. In Pafsau kam dieser mit Moritz zusammen, und hier wurde noch in demselben Jahre 1552 ein Vertrag geschlossen der Passauer Vertrag); durch denselben
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Magdeburg Magdeburgs Frankreich Deutschland Magdeburg Pafsau
149
Xxl
Deutschlands Einigung. i.
Die halbe Einigung.
(Der preußisch-östreichische Krieg.)
1. Fünfzig Jahre waren seit dem Sturze Napoleons verflossen. In Frankreich hatte im Jahre 1848 eine neue Revolution das König'thum abermals abgeschafft und das Land in eine Republik umgewandelt; doch hatte die letztere nur kurzen Bestand. Der Neffe des großen Kaisers, Louis Napoleon, ahmte dem Onkel nach; er schwang sich zum Präsidenten der Republik empor, und nach kurzer Zeit (— im Jahre 1852 ) ließ er
sich als Napoleon lli. zum Kaiser der Franzosen wählen.
In Deutschland hatte sich der neugestiftete Bund wenig Freunde erworben. Alle edlen deutschen Herzen trauerten über die Zerrissenheit und Machtlosigkeit des Vaterlandes. Als darum im Jahre 1848 die französische Revolution ausbrach, pflanzte sich die Bewegung auch nach Deutschland fort. Theils von edler Begeisterung, theils von Ehrgeiz, Eigennutz und andern schmuzigen Leidenschaften erregt, erhob sich ein großer Theil des Volks; man wollte größere Einheit und Freiheit erringen oder wohl gar die Republik auch in Deutschland einführen. Aber der preußische König Friedrich Wilhelm Iv. nahm die ihm vorn deutschen Volke angebotene Kaiserkrone nicht an, und in blutigen Straßenkämpfen wurden die Aufständischen durch Waffengewalt überwunden.
In Sachsen war der vielgeprüfte Friedrich ^August der Gerechte nach 59 jähriger Regierung im Jahre 1827 gestorben. Ihm folgte sein Bruder, der gütige Anton, ein Greis von 72 Jahren. Seit dem Jahre 1830 stand ihm sein Nesse, Friedrich August, als Mitregent zur Seite, und im folgenden Jahre 1831 erhielt Sachsen eine Constitution O Verfassung) , durch welche auch dem Volke der ihm gebührende Theil an der Verwaltung des Staates gegönnt wurde. Anton starb im Jahre 1836, und nun bestieg der bisherige Mitregent als Friedrich August Ii. den Thron. 18 Jahre regierte er in Segen, bis ihn, fern von der Heimath, ein plötzlicher Tod dem Lande entriß. Auf einer Reise in Tyrol, im Jahre 1854, wurde er bei einer Wendung des Weges aus dem Wagen geschleudert und durch einen Hufschlag des scheugewordenen Pferdes tödtlich verletzt; als Leiche kehrte er zu seinem trauernden Volke zurück. Sein Tod riefseinen Bruder Johann auf den Thron. Ihn schmückte außer der irdischen Krone noch eine höhere und schönere: die Krone der Weisheit, Frömmigkeit und Treue. Der kenntnißreichste und gelehrteste aller
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Frankreich Deutschland Deutschland Deutschland Sachsen Sachsen Tyrol
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meinten, es wurde doch nutzlos sein, ihre Sache würde doch verurtheilt werden. Daraufhin beschloß der erzürnte Kaiser, zum Schwert zu greisen, und heimlich rüstete er sich zum Kriege.
Luther, der immer vom Kampfe abgerathen und gemahnt hatte, die Sache der Reformation Gott zu befehlen, erlebte glücklicherweise den Ausbruch des Streites nicht. Die Grafen von Mansfeld hatten ihn nach Eisleben gerufen, damit er einen zwischen ihnen entstandenen Streit schlichte. Hier erkrankte er. Bald verschlimmerte sich sein Zustand, es ging zum Sterben. Einer der um sein Lager stehenden Freunde fragte ihn: „Ehrwürdiger Vater, wollet Ihr auf Christum und die Lehre, wie Ihr sie gepredigt, beständig sterben?" Luther antwortete mit einem deutlichen „ja!" Dann wandte er sich auf die Seite und verschied still und sanft in seiner Geburtsstadt Eisleben am 18. Februar 1546. Sein Leichnam wurde auf des Kurfürsten Befehl nach Wittenberg gebracht und unter großer Feierlichkeit in der Schloßkirche daselbst beigesetzt.
2. Im albertinischen Sachsen regierte damals der Herzog Moritz. In seiner Jugend hielt er sich längere Zeit am Hofe seines Vetters, des Kurfürsten Johann Friedrich des Großmüthigen, auf. Schon damals durchschaute Luther den kühnen Geist des Jünglings. Als ihn der Kurfürst fragte, was er von dem Prinzen halte, antwortete er: „Sehet wohl zu, gnädiger Herr, daß ihr euch in ihm nicht einen jungen Löwen erzieht". Im Jahre 1541 erbte Moritz von feinem Bater Heinrich das Meißner Land. Voll kriegerischen Muthes zog er bald darauf nach Ungarn, um dem Kaiser gegen die Türken Hilfe zu leisten. Beinahe hätte er hier das Leben eingebüßt. Im Eifer des Kampfes hatte er sich von den Seinen verloren, nur sein Reitknecht war ihm an der Seite geblieben. Plötzlich umringten ihn eine Schaar Türken; wüthend hieben sie auf den Fürsten ein; tapfer vertheidigte sich derselbe, unglücklicherweise aber stürzte er vom Pferde zu Boden. Da warf sich sein Reitknecht — Sebastian Neibisch hieß er — über ihn weg und fing die Hiebe und Stiche mit seinem Körper auf. Beide wurden zwar bald durch die herbeieilenden Sachsen befreit, aber der treue Diener war so mit Wunden bedeckt, daß er kurze Zcit daraus feinen Geist aufgab.
Nach Sachsen zurückgekehrt, widmete sich Moritz der Regierung seines Landes: er sorgte für das Gedeihen der Leipziger Universität und gründete zu Meißen, Merseburg und Pforta Schulen, in denen die Knaben und Jünglinge für den Besuch jener Hochschule vorbereitet wurden. Die zu Merseburg wurde nach einigen Jahren nach Grimma verlegt.
Aber das kleine Meißner Land genügte dem hochstrebenden Sinne Moritzens nicht. Er wollte höher steigen, und das konnte er nur mit Hilfe des Kaisers. Als ihm nun der letztere Aussicht auf die sächsische Kurwürde machte, war er darum schnell bereit, ihn in dem bevorstehenden Kampfe gegen die übrigen evangelischen Fürsten zu unterstützen. So verband er sich, obschon selbst Protestant, mit Karl V. gegen den schmalkaldischen Bund.
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Extrahierte Personennamen: Moritz Johann_Friedrich_des_Großmüthigen Johann Friedrich Moritz Heinrich Heinrich Sebastian_Neibisch Moritz_der Karl_V. Karl_V.
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3. Nachdem auch noch der Papst dem Kaiser Geld und Truppen zur Bekämpfung der Ketzer zugesagt hatte, brach der Sturm los. Die Häupter des schmalkaldischen Bundes, Johann Friedrich der Großmüthige von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen, wurden in die Acht erklärt, und es begann der schmalkaldische Krieg (1546 — 1547), Zu Anfang desselben hätte der Kaiser leicht in große Bedrängniß gerathen können, denn er hatte nur einige hundert Mann bei sich, während seine Gegner ein großes, wohlgerüstetes Heer in's Feld zu stellen vermochten. Allein die Evangelischen waren uneinig unter einander und unentschlossen, was sie thun sollten; so ließen sie den günstigen Zeitpunkt ungenützt verstreichen, und der Kaiser behielt Zeit, seine Kriegsvölker aus Spanien und Italien an sich zu ziehen.
Unterdeß war Moritz im Aufträge Karls in dem Kurfür-stenthume Sachsen eingefallen und hatte es mit seinen Truppen besetzt. Als Johann Friedrich die Nachrichr erhielt, trennte er sich sogleich törichterweise von seinen Verbündeten und eilte mit seinem Heere zurück in die Heimath. Mit leichter Mühe eroberte er sein Land wieder und den größten Theil des albertinischen Sachsens noch dazu. Aber seinem Beispiele folgten die übrigen protestantischen Fürsten: das Heer des schmalkaldischen Bundes löste sich auf; jeder wollte sein eignes Land vertheidigen; im Frühjahre wollte man dem Kaiser wieder gemeinsam entgegen treten.
Nun hatte Kaiser Karl freie Hand; er vereinigte sich mit dem Herzog Moritz und wendete sich gegen den Kurfürsten von Sachsen. Johann Friedrich, der der kaiserlichen Macht nicht gewachsen war, zog in Eilmärschen auf dem rechten Elbufer der Festung Wittenberg zu; Karl folgte auf dem linken Ufer. Bei Mühlberg trennte nur der Fluß die beiden Gegner. Der Kurfürst fühlte sich sicher, denn es führte keine Brücke über den Strom; ruhig wohnte er darum — es war ein Sonntag — dem Gottesdienste bei. Aber ein Bauer, dem die Kurfürstlichen zwei Pferde weggenommen hatten, zeigte aus Rache den Kaiserlichen eine Furt (— seichte Stelle im Fluffe); nun führte Karl sein Heer durch den Strom auf das andre Ufer. Johann Friedrich versuchte, mit seinen Truppen das feste Wittenberg zu erreichen; aber drei Stunden von Mühlberg (— auf der Lochauer Haide) holte ihn der Feind ein. Die Sachsen wurden geschlagen und der Kurfürst nach tapferer Gegenwehr gefangen. (1547). Man führte ihn blutbedeckt vor den Kaiser, der aus seinem Schlachtrosse mitten auf der Haide hielt. Mühsam stieg Johann Friedrich vom Pferde; als er dem Kaiser die Hand reichen wollte, wandte sich dieser unwillig zur Seite. „Allergnädigster Kaiser", redete ihn jetzt demüthig der Kurfürst an. Karl fiel ihm in die Rede und sprach: „So? Bin ich nun euer gnädigster Kaiser? Ihr habt mich lange nicht so genannt." Der Kurfürst bat um ein fürstliches Gefängniß; der Kaiser aber erwiderte: „Wohl, ihr sollt gehalten werden, wie ihr es verdient."
4. Karl belagerte nun die Festung Wittenberg, aber sie weigerte sich, ihm die Thore zu öffnen. Da ließ er, um jene zu
7*
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80
ten gab es viele Tausende. Zu der Zeit nun, als Huß als Professor an der Prager Universität wirkte, entstand zwischen den böhmischen und den ausländischen Professoren und Studenten Streit. Die letzteren glaubten, es sei ihnen Unrecht geschehen; viele Tausende verließen darum Prag und suchten anderwärts ein Unterkommen. Etwa 2000 dieser Studenten wendeten sich sammt ihren Lehrern nach Meißen. Friedrich der Streitbare nahm sie mit Freuden in sein Land ans und wies ihnen Leipzig zum Aufenthalte an. So gründete er im Jahre 1409 die Universität zu Leipzig.
2. Zu den alten deutschen Herzogtümern gehörte auch das Herzogthum Sachsen. Es dehnte sich von der Elbe bis zur Weser und vom Harz bis zur Nordsee. Hier wohnte jener nrdentsche Stamm, mit welchem einst Karl der Große einen 30jährigen Krieg geführt hatte. Dieses alte Herzogthmn Sachsen bestand bis zum Ende des 12. Jahrhunderts. Damals, als Kaiser Friedrich Barbarossa dem untreuen Heinrich dem Löwen Baiern und Sachsen nahm, wurde das letztere zersplittert; jeder der Nachbarn nahm sich davon, was er eben gern haben mochte. Damit der alte berühmte Name aber nicht zugleich mit unterginge, wurde er aus die Gegend von Torgau und Wittenberg übertragen. Der Graf, dem diese Gebiete gehörten, erhielt vom Kaiser den Titel „Herzog von Sachsen". So entstand ein neues, freilich viel kleineres Herzogthum Sachsen. — Um das Jahr 1350 wurde von dem damaligen deutschen Kaiser Karl Iv. ein Gesetz in Bezug auf die Kaiserwahl erlassen (— man nannte es die goldne Bulle —), nach welchem dieselbe stets durch sieben bestimmte, theils weltliche, theils geistliche Fürsten erfolgen sollte; diese Fürsten sollten den Kaiser wählen oder — nach altdeutschem Ausdruck — küren, deshalb hießen sie von da ab Kurfürsten. Zu ihnen gehörte auch der Herzog von Sachsen. Aus diese Weise wurde aus dem bisherigen Herzogthum ein Kurfürstenthum Sachsen. — Als nun im Jahre 1422 das sächsische Kurfürstengeschlecht ausstarb und das Land als erledigtes Lehen wieder an den Kaiser fiel, schenkte es dieser dem Markgrafen Friedrich zum Danke für die Dienste, welche ihm derselbe im Kampfe gegen die Hufsiten geleistet hatte. So wurde Friedrich der Streitbare im Jahre 1423 Kurfürst von Sachsen. Er nahm nun diesen höheren Titel an, und seitdem ging der Name „Sachsen" allmählich auch auf Meißen und Thüringen über.
3. Der neue Kurfürst glaubte nun erst recht verpflichtet zu seiu, den Kaiser gegen die Hnssiten zu unterstützen. Allein das Glück war ihm nicht hold; er vermochte keine Siege zu erringen; bei Aussig in Böhmen namentlich wurde beinahe sein ganzes Heer vernichtet. Kummer und Schmerz über solche Unglücksfälle erschütterten seine Gesundheit und stürzten ihn 1428 in's Grab. Aus Furcht, die racheschnaubenden Hufsiten möchten sich noch an seinem Leichnam vergreifen, begrub man ihn nicht in Altzelle — der Familiengruft der Wettiner Fürsten —, sondern setzte ihn in aller Stille im Dome zu Meißen bei.
Iv. 1. Sein Nachfolger war sein Sohn Friedrich der
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117
Xvii.
Deutschland zur Zeit Ludwigs Xiv.
l.
1. Nach Ferdinands Iii. Tode bestieg Leopold l den deutschen Kaiserthron. Beinahe 50 Jahr hat er die Krone getragen, von 1657— 1705t Aber die Zeit seiner Regierung war keine glückliche für Deutschland. Entsetzlich war es durch den langen, furchtbaren Krieg zerrüttet; seine Fürsten lebten in stetem Hader und Streit; im Westen drohte von Frankreich her große Gefahr, und im Osten brachen die Türken raubend und plündernd ein.
In Frankreich herrschte damals der ehrgeizige, verschwenderische und ländersüchtige Ludwig Xiv. Nicht blos in Frankreich, sondern in ganz Europa wollte er Herr sein. Deutschland verachtete er gründlich. „In seinem Uebermuthe ließ er sich eine Uhr machen, in welcher ein künstlicher, französischer Hahn bei jedem Stundenschlag krähte; der deutsche Adler aber, welcher auch an der Uhr angebracht war, zitterte bei diesem Krähen jedesmal am ganzen Leibe. Auch hatte er eine große Statue fertigen lassen, die ihn selbst darstellte, stehend auf den Nacken von vier gefesselten Sklaven; in einem dieser Sklaven erkannte man deutlich den deutschen Kaiser." — In seinem Lande war er ein Tyrann, der keine Freiheit duldete und keinen andern Willen, als nur den seinen gelten ließ; sein Wahlspruch war: „Der Staat bin ich." Nach außen aber trat er als ländergieriger Eroberer auf, namentlich wollte er alles Land auf dem linken Rheinufer an sich reißen.
Zuerst versuchte er es mit den damals spanischen Niederlanden. Doch vermochte er nur den kleineren Theil derselben in seine Gewalt zu bringen; daran waren die benachbarten Holländer schuld, die mit England und Schweden einen Bund gegen ihn schlossen. Darum brütete Ludwig Rache. Mit einem großen Heere fiel er in Holland ein; unaufhaltsam drang er vorwärts; jetzt war „Holland in Nöthen". Aber die Holländer durchstachen die Dämme, welche an der Küste zum Schutze gegen die Meeresfluthen errichtet waren, setzten so ihr Land unter Wasser und hinderten die Franzosen am weitern Vordringen. Auch erhielten sie Bundesgenossen an Kaiser Leopold und vor allem an dem großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der ein geschworner Feind des französischen Wesens war. Als derselbe am Rhein gegen Ludwig kämpfte, brachen plötzlich die Schweden, vom französischen Könige dazu gereizt, in Brandenburg ein und hausten, wie sie es aus dem 30jährigen Kriege her gewöhnt waren. Da griffen die Bauern zu den Waffen, um gegen ihre Bedrücker zu kämpfen. Auf ihre Fahnen schrieben sie: „Wir sind Bauern von geringem Gut und dienen unserm Knn-fürsten mit unserm Blut." Kaum aber hörte Friedrich Wilhelm vor dem Einfall der Schweden, als er den Rhein verließ und in Eilmärschen seinem Lande zu Hilfe eilte. Bei Fehrbellin, nordwestlich von Berlin,
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ferdinands Deutschland Frankreich Frankreich Frankreich Europa Deutschland England Holland Rhein Schweden Brandenburg Schweden Rhein Eilmärschen Fehrbellin Berlin
124
mischen und mährischen Bruder hervorgegangen. Der 30 jährige Krieg hatte ihnen unsägliche Trübsal und Verfolgung gebracht. Viele waren darum ausgewandert; die Zurückgebliebenen aber wurden fort und fort arg bedrückt. Nur heimlich konnten sie in ihren Häusern Gott in ihrer Weise dienen, und dabei schwebten sie in steter Todesgefahr. In solcher Noth wandten sich eine Anzahl Familien nach Sachsen; aus dem Gute des Grafen Zinzendorf in der Lausitz fanden sie Aufnahme; er wies ihnen den Hutberg bei Berthelsdorf als Wohnsitz an. Hier entstand nun im Jahre 1722 eine neue Gemeinde, die sich in frommem Glauben unter des Herrn Schutz stellte und darum den neuen Ort Herrnhut nannte.
xvni.
Friedrich der Kroße.
i.
Preußens Vorgeschichte.
1. Das Stammland des heutigen Königreichs Preußen ist die Mark Brandenburg (— das von der Havel und Spree durchflossene Land —). Ursprünglich war dieselbe ein Theil der Nordmark, die Heinrich l. und Otto l. den Slaven abgenommen hatten.
Als Kaiser Karl Iv. durch ein Gesetz — die goldene Bulle — die Kaiserwahl regelte und dieselbe sieben Wahl- oder Kurfürsten übertrug, erhob er (— imiahre 1356 —) auch Brandenburg zum Kurfürstenthum.
Im Jahre 1415 verlieh Kaiser Sieges mund dieses Kurfürstenthum dem Burggrafen von Nürnberg, Friedrich von Hohenzollern. Derselbe führte seinen Namen von der Burg Hohenzollern im heutigen Würtemberg, der Stammburg feines Geschlechts; er ist der Stammvater des jetzigen preußischen Königs- und deutschen Kaiserhauses.
Im Jahre 1618 wurde mit dem Kurfürstenthum Brandenburg das Herzogthum Preußen an der Ostsee vereinigt.
2. Den Grund zu Preußens Größe legte der große Kurfürst Friedrich Wilhelm; er regierte von 1640 —1688. Seine Jugend und sein Regierungsantritt fiel noch in die stürmische Zeit des 30 jährigen Kriegs. Im westfälischen Frieden erhielt er einen Theil Pommerns. Um für künftige Kriege gerüstet zu sein, schuf er ein tüchtiges Heer. Dabei unterstützte ihn namentlich der afte Derfflinger. Derselbe war in seiner Jugend ein Schneidergesell. Er vertauschte aber die Nadel mit dem Schwert und hatte es nicht zu bereuen, denn durch seine Tapferkeit und militärische Tüchtigkeit stieg er bis zum Feldmarschall empor. Spötter wies er mit derben Worten zurecht. Einst fragte bei
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Heinrich_l Heinrich Otto Karl_Iv Karl Friedrich_von_Hohenzollern Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
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erhielt auch Philipp seine Freiheit zurück, und den Protestanten wurde vorläufig gestattet, ungehindert ihrem Glauben zu leben. Drei Jahre später, im Jahre 1555 wurde dieser Vertrag durch den Augsburger Religionsfrieden bestätigt.
V.
Moritzens und Karls Ende.
1. Moritz erlebte den Augsburger Religionsfrieden nicht mehr. Auch nach dem Passauer Vertrage noch, der doch dem Kriege ein Ende machte, Zog sein ehemaliger Waffengefährte, Markgraf Albrecht von Brandenburg, plündernd und verwüstend in Deutschland umher; ja, er hatte sich sogar wieder aus die Seite des Kaisers gestellt. Jenes erfüllte Moritzen mit Unwillen, dieses mit Besorgniß. Darum zog er noch einmal das Schwert, diesmal gegen den frühern Freund. Bei Sievershausm— in der jetzigen preußischen Provinz Hanover — kam es im Jahre 1553 zur Schlacht. Markgraf Albrecht wurde besiegt, Moritz aber, als er noch den letzten Angriff auf den Rest der feindlichen Reiter ordnete, tödtlich verwundet. Eine Kugel drang ihm in den Unterleib und zerriß die Eingeweide. Nach zwei Tagen starb er; sein letztes Wort war: „Gott wird kommen!"
2. Als Kurfürst von Sachsen folgte ihm sein Bruder August; er regierte von 1553 —1586. — Herzog Johann Friedrich von Weimar freilich, der Sohn Johann Friedrich des Großmüthigen, konnte es nicht verschmerzen, daß den Ernestinern die Kurwürde und der größte Theil des Landes entrissen worden war. Er hoffte, es würde ihm möglich sein, das Verlorene wieder zu gewinnen. Leichtgläubig baute er auf die Vorspiegelungen eines fränkischen Ritters, Wilhelm von Grumbach. Er nahm Den durch den Kaiser Geächteten bei sich aus und verweigerte seine Auslieferung. So zog er sich selbst die Acht zu, und Kurfürst August vollstreckte sie im Namen des Reichs. Grausame Strase traf den Verführer wie den Verführten. Dem Ritter Grumbach wurde das Herz aus dem Leibe gerissen und sein Körper in vier Stücke zerhauen. Johann Friedrich aber wurde zu lebenslänglicher Hast verurteilt; 28 Jahre lang athmete er die Lust des Kerkers, dann starb er; seine treue Gemahlin theilte sein Gefängniß bis an feinen Tod.
Eifrig sorgte Kurfürst August während seiner langen Regierung für das Wohl des Landes. Weise Gesetze wurden erlassen, Ackerbau und Viehzucht unterstützt. Edlere Thiergattungen wurden gezüchtet, namentlich Schafe, um bessere Wolle zu erzielen. Auf seinen Reisen theilt er Kerne von guten Obstsorten an die Landleute aus; auch bestimmte er, daß jedes junge Ehepaar bald nach der Trauung einige Obstbäume pflanzen mußte. So schuf er den blühenden Obstbau Sachsens. Aus Frankreich, Ungarn und vom Rhein bezog er edle Weinreben und hob so den Weinbau. Auf seinem Gute, dem Ostravor-werke bei Dresden, errichtete er eine Musterwirthschaft, und im dazu-
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp V.
Moritzens Karls Moritz Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Albrecht Albrecht Moritz August Johann_Friedrich_von_Weimar Johann Friedrich Johann_Friedrich_des_Großmüthigen Johann Friedrich Wilhelm_von_Grumbach Wilhelm August Johann_Friedrich Johann Friedrich August
Extrahierte Ortsnamen: Karls Deutschland Hanover Sachsen Sachsens Frankreich Ungarn Rhein Dresden